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Fitness: Warum man im Alter an Flexibilität verliert und was man dagegen tun

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Wenn Ihr ohne Schmerzen mit euren Enkeln spielen oder mit Freunden wandern gehen möchtet, müsst Ihr auf eure Beweglichkeit achten. An den meisten Bewegungen sind zahlreiche Gelenke beteiligt. Daher ist es wichtig, die Beweglichkeit unserer Gelenke aufrechtzuerhalten, wenn wir auch im Alltag noch agil und fit unterwegs sein möchten – doch leider ist dies ein oft unterschätzter Aspekt der Gesundheit.

Die Flexibilität bezieht sich darauf, wie weit sich ein Gelenk in einem normalen Bewegungsbereich bewegen kann, ohne dass es Schmerzen verursacht. Ein umfassendes Trainingsprogramm sollte daher immer von einem Beweglichkeitstraining begleitet werden.

Flexibilität und Alter

Mit zunehmendem Alter verlieren wir allmählich die Fähigkeit, ein Gelenk in seinem vollen Bewegungsumfang zu bewegen. Im Alter von 70 Jahren sind in der Regel bereits 25-30 % der Gesamtbeweglichkeit verloren gegangen. Einige Gelenke sind dabei stärker betroffen als andere. In einer Studie aus dem Jahr 1989 wurde zwischen 20- bis 30-Jährigen und 70-Jährigen ein Verlust der Schulterbeugung von 15 % festgestellt [1], während in einer anderer Studie über die Beweglichkeit der Kniesehne ein Verlust von 30 % zwischen ähnlichen Altersgruppen beobachtet wurde [2].

Warum kommt es zu diesem Rückgang? Hierfür gibt es mehrere Ursachen. Zunehmende Steifheit der Sehnen und Bänder um das Gelenk herum zum Beispiel. Dies wird durch Veränderungen der Kollagenfasern im Bindegewebe verursacht, aus denen diese Strukturen bestehen. Zu diesen Veränderungen gehört eine Verengung der Querverbindungen, wodurch sich das Gelenk weniger gut beugen lässt. Eine weitere Ursache ist eine Verringerung des Elastingehalts, der diesen Strukturen Elastizität verleiht. Außerdem kommt es zu einer allgemeinen Verschlechterung des Knorpels, der Bänder und der Sehnen sowie zu einer Verringerung der Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit) und zu einer Verspannung und Funktionsstörung der das Gelenk umgebenden Muskeln.

Die gute Nachricht ist, dass diese Veränderungen drastisch verlangsamt werden können. Körperliche Aktivität verlangsamt im Allgemeinen die Verschlechterung der Beweglichkeit. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Menschen, die körperlich aktiv sind, auch im höheren Alter einen deutlich größeren Bewegungsumfang erreichen können als Menschen, die sich selten oder gar nicht bewegen.

Kann Flexibilität als Indikator für den Alterungsprozess dienen?

Bei der Suche nach Markern, die das biologische Alter widerspiegeln, bevorzuge ich “funktionelle Marker”, die man selbstständig verändern kann. Das sind Marker, die (1) die Funktion bestimmter Organe oder Systeme im Körper direkt widerspiegeln, (2) eine Korrelation mit dem Alter aufweisen und (3) die Möglichkeit bieten, sie durch bestimmte Interventionen zu verbessern. Flexibilitätsmarker erfüllen alle drei dieser Kriterien. Deshalb bin ich der Meinung, dass sie in jede umfassende Bewertung von Gesundheit und Alterung einbezogen werden sollten. Ein Beispiel: Der Bewegungsumfang des Schultergelenks nimmt in der Normalbevölkerung mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab. Die Geschwindigkeit dieser Abnahme kann mit den richtigen Dehnungsübungen verringert werden, und eine Verbesserung der Flexibilität ist mit einer besseren allgemeinen Gesundheit verbunden.

Wie man die Flexibilität misst

Die Beweglichkeit eines bestimmten Gelenks bezieht sich auf den Bewegungsumfang, den wir ohne Schmerzen erreichen können. Dabei wird der Bewegungsumfang mit goniometrischen Messungen gemessen. Es gibt zwar keine einheitliche Bewertung der allgemeinen Beweglichkeit, aber es gibt Standardverfahren, die von vielen Experten empfohlen werden. Eines davon ist der Sit-and-Reach-Test. Dieser Test konzentriert sich auf die Flexibilität der Kniesehnen, der Hüfte und des unteren Rückens und wird folgendermaßen durchgeführt:

  1. Wärmt euch kurz auf, indem Ihr den unteren Rücken dehnt, und für eine kurze Zeit an Ort und Stelle joggt oder ein paar Hampelmänner macht (wenn Ihr diese Bewegungen schmerzfrei ausführen könnt).
  2. Setzt euch ohne Schuhe mit den Füßen gegen eine ebene Fläche gerichtet (z.B. eine Stufe) auf den Boden. Achtet darauf, dass die Fersen die ebene Fläche berühren.
  3. Greift nun langsam mit beiden Händen so weit wie möglich nach vorne, bis Ihr euch leicht unwohl fühlt. Atmet aus und senkt den Kopf, während Ihr euch streckt, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Eure Knie sollten gestreckt bleiben.
  4. Die Punktzahl wird bei verschiedenen Tests zwar immer ein wenig unterschiedlich gemessen, spiegelt aber in der Regel den Abstand zwischen euren Fingerspitzen und der Oberfläche wider. Das heißt, je weiter Ihr mit den Händen über eure Füße hinaus kommt, desto flexibler seid Ihr!

Fachleute verwenden spezielle Kästen, die an der Stelle, an der die Fingerspitzen auf die Fußhöhe treffen, auf 26 cm eingestellt sind. Ein “guter” bis “ausgezeichneter” Wert für eine Person zwischen 20 und 30 Jahren liegt bei Männern zwischen 30 und 40 und bei Frauen etwas bei 33 bis 41. Eine Punktzahl von 30 bedeutet, dass die Fingerspitzen 4 cm über die Zehen hinausragen können (bei älteren Personen sind 2-3 Punkte pro 10 Jahre abzuziehen).

Wie man seine Flexibilität verbessert

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Beweglichkeit zu verbessern und die Bewegungsfreiheit der Gelenke zu erhöhen. Sie alle beinhalten jedoch eine Form des Dehnens. Es gibt drei Arten des Dehnens. Diese sind statisch, dynamisch und propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF).

Beim statischen Dehnen wird ein Muskel bis fast zu seinem äußersten Punkt angespannt und dann in dieser Position gehalten. Unser Körper ist, grob gesagt, in entgegengesetzte Muskelgruppen unterteilt. Den Beugemuskeln der Arme stehen die Streckmuskeln gegenüber. Das Gleiche gilt für unsere Beine. Den Brustmuskeln stehen die Muskeln des Rückens gegenüber. Man spricht hier von antagonistischen Paaren. Dies ist wichtig, denn einer der wichtigsten Faktoren für die Beweglichkeit ist die Länge der gegenüberliegenden Muskeln. Ihr könnt die Muskeln eines Gelenks nur in dem Maße nutzen, wie sich die gegenüberliegenden Muskeln dehnen können. Dies lässt sich durch statisches Dehnen verbessern. Eine Studie aus dem Jahr 2004 zeigt, dass statische Dehnungen von 30 Sekunden an drei Tagen pro Woche über einen Zeitraum von sechs Wochen die Beweglichkeit der Kniesehne im Vergleich zu ungedehnten Kontrollpersonen erheblich verbessern können [3]. Diese Ergebnisse wurden in nachfolgenden Studien bestätigt [4]. Trotz der Beliebtheit des statischen Dehnens gibt es allerdings immer mehr Belege dafür, dass es sich auf kurze Dehnungen von 10-30 Sekunden beschränken sollte, wenn es vor einer körperlichen Aktivität durchgeführt wird, insbesondere wenn man eine optimale Leistung anstrebt. Der Grund dafür ist eine mögliche negative Auswirkung auf die Leistung und den Kraftzuwachs. Aus diesem Grund ist es wahrscheinlich besser, statisches Dehnen auf einzelne Tage oder nach anderen Formen der körperlichen Betätigung zu beschränken.

Dynamisches Dehnen besteht aus aktiven Bewegungen, bei denen Gelenke und Muskeln einen vollen Bewegungsumfang durchlaufen. Dies ist die bevorzugte Form des Dehnens beim Aufwärmen vor einer Übung oder einer anstrengenden Aktivität und verbessert nachweislich die Leistung im Gegensatz zu statischem oder keinem Dehnen. Diese Bewegungen sollten jedoch nicht “ballistisch” sein, da dies die Leistung beeinträchtigen kann. Dynamische Dehnungen sollten in ihrer Bewegung der Aktivität ähneln, für die wir uns aufwärmen. Ziel ist es, die gleichen Gewebe mit weniger Spannung und Intensität zu aktivieren [2]. Für das dynamische Dehnen könnt Ihr auch Hilfsmittel wie Fitness- bzw. Gymnastikbänder verwenden. Ein hochwertiges Gymnastikband wie das Blackroll Loop Band bekommt Ihr beispielsweise bereits ab 6,78 €.

Die propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF) umfasst schließlich aktive und passive Techniken und wird unter der Anleitung eines erfahrenen Trainers durchgeführt. Man geht davon aus, dass diese Techniken einen weniger gut verstandenen Aspekt der Beweglichkeit beeinflussen, nämlich die Art und Weise, wie unser Nervensystem mit den Gelenken und den umgebenden Muskeln interagiert, um die Beweglichkeit zu beeinflussen. Einige Forscher vermuten jedoch, dass die Vorteile von PNF hauptsächlich auf die Auswirkungen auf den gedehnten Muskel allein zurückzuführen sind [5].

Während des Dehnens ist es wichtig, eine korrekte Körperhaltung beizubehalten, indem die Wirbelsäule und die Hüften in einer neutralen Position gehalten werden und die Schultern zurückbleiben. Eine korrekte Atemtechnik ist oft hilfreich und ermöglicht die Bewegung über den gesamten Bewegungsumfang. Forcieret niemals den Schmerz und konsultiert bei Bedenken immer einen Facharzt, bevor Ihr diese Aktivitäten durchführt – insbesondere wenn Ihr unter Erkrankungen wie Arthritis, muskulärem Ungleichgewicht, Osteoporose oder einer Hüftfraktur/einem Hüftgelenksersatz leidet!

Referenzen

  1. Bassey, E. J., Morgan, K., Dallosso, H. M., & Ebrahim, S. B. J. (1989). Flexibility of the shoulder joint measured as range of abduction in a large representative sample of men and women over 65 years of ageEuropean journal of applied physiology and occupational physiology58(4), 353-360.
  2. Stathokostas, L., Little, R., Vandervoort, A. A., & Paterson, D. H. (2012). Flexibility training and functional ability in older adults: a systematic reviewJournal of aging research2012.
  3. Nelson, R. T., & Bandy, W. D. (2004). Eccentric training and static stretching improve hamstring flexibility of high school malesJournal of athletic training39(3), 254.
  4. Jaeger, M., Freiwald, J., Engelhardt, M., & Lange-Berlin, V. (2003). Differences in hamstring muscle stretching of elite field hockey players and normal subjectsSportverletzung· Sportschaden17(02), 65-70.
  5. Hindle, K. B., Whitcomb, T. J., Briggs, W. O., & Hong, J. (2012). Proprioceptive neuromuscular facilitation (PNF): Its mechanisms and effects on range of motion and muscular functionJournal of human kinetics31, 105.

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