Fitness: Wie man für langfristigen Erfolg trainiert

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Die neue Wissenschaft des Kompetenzerwerbs kann sowohl Sportlern und auch Trainern dabei helfen, mehr aus ihrem Training herauszuholen und Ihre allgemeine Leistungsfähigkeit zu steigern. In diesem Artikel schauen wir uns daher an, wie Ihr Euer Training in Zukunft anpassen müsst, um damit langfristig erfolgreich zu sein.

Übung macht nicht wirklich den Meister! Sinnlose Wiederholungen, das Abarbeiten von Standard-Workouts, die man im Eiltempo erledigt – all das hilft einem nicht dabei, die Feinheiten zu beherrschen, auf die es für bestmögliche Leistungen ankommt! Aber herauszufinden, wie man besser üben kann, ist knifflig und war seit vielen Jahren Gegenstand langer Debatten. In einem neuen Artikel im Journal of Sports Sciences haben Wissenschaftler nun die Feinheiten zum Erwerb von Fähigkeiten untersucht und dabei fünf wichtige Grundsätze für Trainer und Sportler herausgearbeitet [1].

Tennistrainer und sein Schüler stehen nachdenklich auf einem Tennisplatz

Gleichgewicht zwischen Leistung und Lernen

Während es für die kurzfristige Verbesserung der sportlichen Leistung vor allem auf detailliertes Feedback und den Fokus aus ganz spezifische körperliche Fähigkeiten ankommt, geht es bei langfristigen Lernerfolgen viel mehr um Variation und “Learning by Doing”. Trainer sollten Ihren Schützlingen in diesem Fall also weniger Anweisungen geben und sich darauf konzentrieren, verschiedene Fähigkeiten auf unterschiedliche Weise miteinander zu kombinieren. Die Athleten werden die jeweiligen Fertigkeiten dann zwar nicht so schnell beherrschen, aber sie werden sie besser behalten und darauf aufbauen können.

Beim Ausdauertraining gibt es einen ähnlichen Kompromiss zwischen kurzfristiger Leistung und langfristigen Fitnessgewinnen. Um Bob Kennedy, den ehemaligen amerikanischen 5.000-Meter-Rekordhalter zu zitieren (als er wusste, dass er fitter wurde): “Die Trainingseinheiten wurden nicht unbedingt schneller, aber sie fühlten sich immer leichter an”. Die Versuchung, Trainingsläufe zu absolvieren, ist ein Anzeichen dafür, dass Ihr die unmittelbare Leistung in den Vordergrund stellt. Wenn Ihr jede Minute auf Eure Uhr schaut, hilft Euch das vielleicht, das Training zu meistern, aber diese häufige Rückmeldung könnte Euch daran hindern, allmählich zu lernen, das richtige Tempo zu finden.

Qualität statt Quantität

Bewusstes Training ist ein Konzept, das von dem verstorbenen Psychologen Anders Ericsson aus Florida geprägt wurde. Es bezeichnet damit ein systematisches und anstrengendes Training, das auf Schwachstellen abzielt und mit angemessenem Feedback verbunden ist. Ericssons Kernaussage war, dass die bloße Anhäufung von Trainingsstunden keine Garantie dafür ist, dass man immer besser wird. Die Qualität des Trainings ist genauso wichtig wie die Quantität.

Es hat sich jedoch herausgestellt, dass die Merkmale eines qualitativ hochwertigen Trainings komplexer sind als die ursprüngliche Definition von Ericsson. Außerdem handelt es sich um ein nach wie vor aktives Forschungsgebiet. Eines der Schlüsselkonzepte ist jedoch die Kluft zwischen Absicht und Ausführung. Härter oder schneller ist nicht immer gleichbedeutend mit besser. Welche Ziele habt Ihr Euch für das Training gesetzt, und wie nahe seid Ihr ihnen gekommen?

Auch bei den motorischen Fähigkeiten sind die produktivsten Trainings weder zu schwer noch zu leicht. Hier könnten einige universelle Lernprinzipien hilfreich sein: Die Wissenschaftler der oben genannten Forschungsarbeit zitieren sogar eine Studie aus dem Bereich der Informatik und des maschinellen Lernens, in der festgestellt wurde, dass eine Fehlerquote von etwa 15 Prozent optimal ist, um den Nutzen des Trainings zu maximieren [2].

Bereitet Euch spezifisch vor

So mancher Sportler tappt in die folgende Fall: Er meistert die Übungen und Herausforderungen, die ihm im Training aufgetragen werden, nur um dann festzustellen, dass ein echter Wettkampf ganz anders aussieht. Selbst wenn Euer Training oberflächlich betrachtet einen Wettkampf nachahmt, verändern die Angst und die erhöhte Intensität eines echten Wettkampfs die Art und Weise, wie Ihr Informationen verarbeitet und Bewegungen ausführt.

Das bedeutet nicht, dass jedes Training ein Spiel oder eine Wettkampfsimulation sein sollte. Aber wenn Ihr Wege findet, die Herausforderungen zu simulieren, mit denen Ihr konfrontiert werdet, könnt Ihr Eure Wettkampfleistungen höchstwahrscheinlich signifikant verbessern. Ihr solltet Eure Fertigkeiten also auf höchst variable und dynamische Weise üben, anstatt ständig sich wiederholende und vorhersehbare Übungen zu machen. Ein Lieblingsbeispiel eines ehemaligen Trainingspartners von mir: Sein Trainer unterbrach gelegentlich ein Intervalltraining und ließ seine Läufer zehn Minuten lang auf einer Bank sitzen, nachdem sie sich bereits aufgewärmt hatten und kurz vor dem Start standen. Nach der Unterbrechung ging es dann direkt mit dem Training weiter. Auf diese Weise wurden sie auf die Verzögerungen und Unterbrechungen vorbereitet, die bei Wettkämpfen unweigerlich auftreten.

Förderung der Autonomie

Die Ära des Trainers als Diktator ist noch nicht vorbei, aber es gibt Anzeichen dafür, dass die meisten Sportler nicht mehr bereit sind, sich ständig herumkommandieren zu lassen. Aus der Perspektive des Kompetenzerwerbs macht dies Sinn. Die wissenschaftliche Literatur legt nahe, dass ein stark präskriptives, praxisorientiertes Coaching dazu führt, dass die Sportler das Gelernte weniger gut behalten. Das Ziel sollte darin bestehen, die intrinsische Motivation und die selbstgesteuerte Entdeckung zu fördern, indem ein Mindestmaß an Anleitung und Feedback gegeben wird, das notwendig ist, um positive Veränderungen zu bewirken.

Trainer zeigt seiner Klientin ihre Trainingsdaten auf einem Laptop

Als ich anfing, ernsthaft zu trainieren, absolvierte ich zwei Intervalltrainings pro Woche mit meinem Trainer und seiner Trainingsgruppe. Für den Rest der Woche gab mir der Trainer einige allgemeine Anweisungen – ich sollte an den meisten Tagen laufen, das Tempo relativ locker halten und vielleicht versuchen, einige der Läufe auf eine Stunde zu verlängern -, aber er schrieb mir keine Details vor. Seitdem habe ich mit anderen Trainern trainiert, die mir wöchentliche Kilometerziele vorgaben oder mir sogar das genaue Tempo und die Distanz jedes Laufs vorschrieben. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass diese frühe Eigenständigkeit mir geholfen hat, mich als Läufer zu entwickeln, und dass sie einer der Gründe ist, warum ich auch als Erwachsener noch Spaß am Laufen habe.

Individuelle Unterschiede respektieren

Alle obigen Hinweise beruhen auf der durchschnittlichen Reaktion von Gruppen auf Interventionen in Forschungsstudien. Die meisten Athleten eignen sich Fähigkeiten effektiver an, wenn sie wenig unterwiesen werden, eine hohe Übungsvariabilität haben und nur wenig Feedback erhalten. Es mag jedoch einige Personen geben, die unter den gegenteiligen Bedingungen besser zurechtkommen. Und wahrscheinlich spielt auch der Kontext eine Rolle: Anfänger brauchen vielleicht explizitere Anweisungen, um bestimmte Fertigkeiten richtig zu erlernen; Spitzensportler brauchen vielleicht detaillierteres und differenzierteres Feedback, um lange geübte Bewegungen zu perfektionieren.

Und es geht nicht nur um technische Fertigkeiten. Menschen haben unterschiedliche Temperamente, unterschiedliche Motivationen, unterschiedliche Persönlichkeiten. Eine 15-prozentige Fehlerquote mag das Lernen für einen Computer optimieren, könnte aber für manche Menschen zu demoralisierend oder für andere zu langweilig und einfach sein. Trainer müssen auf diese Unterschiede achten und auf sie reagieren, und diejenigen von uns, die sich selbst coachen, müssen ihre eigenen Sweet Spots finden.

Referenzen

  1. Williams, A. M., & Hodges, N. J. (2023). Effective practice and instruction: A skill acquisition framework for excellenceJournal of Sports Sciences41(9), 833-849.
  2. Wilson, R. C., Shenhav, A., Straccia, M., & Cohen, J. D. (2019). The eighty five percent rule for optimal learningNature communications10(1), 4646.

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