Ist es in einer Welt grenzenloser technischer Möglichkeiten und Gadgets im Fitnessbereich noch zeitgemäß, die Intensität des Trainings nach dem Gefühl zu beurteilen? Kurze Antwort: Ja! Die RPE-Skala ist eine einfache, aber erstaunlich genaue Methode, um die Trainingsintensität basierend auf dem eigenen Gefühl zu messen. Wie das genau funktioniert und was Ihr sonst noch dazu wissen müsst, erfahrt Ihr in diesem Artikel.
Klar, heutzutage ist es am einfachsten, die Workoutintensität und zahlreiche Fitnesswerte mit Hilfe einer Fitnessuhr oder eines Fitnessarmbands zu messen. Gute Modelle gibt es inzwischen bereits ab 45 €. Doch wusstet Ihr, dass Ihr die Intensität eurer Workouts auch ganz einfach ohne irgendwelche Messgeräte bestimmen könnt?

Was ist die RPE-Skala?
Die Skala der wahrgenommenen Anstrengung (RPE – Englisch für rate of perceived exertion) ist eine Technik, mit der ausgedrückt werden kann, wie stark sich jemand während des Trainings belastet fühlt. Der schwedische Forscher Gunnar Borg erfand dieses Instrument in den 1960er Jahren, um den Teilnehmern die Möglichkeit zu geben, die Intensität des Trainings zu messen und dabei zu berücksichtigen, wie sie sich während des Trainings fühlen. Bei der Skala handelt es sich um eine numerische Liste mit zugewiesenen Werten, die beschreiben, wie sich der Trainierende auf einer Skala von keiner Anstrengung bis zur maximalen Anstrengung fühlen könnte.

Der Trainierende wird dabei gebeten, unter Berücksichtigung von Atemfrequenz, Herzfrequenz, vermehrtem Schwitzen und Muskelermüdung zu bewerten, wie stark er sich anstrengt. Die RPE-Skala kann verwendet werden, um die Intensität einer Vielzahl von Aktivitäten zu messen, z.B. Ausdauertraining, Gewichtheben und sogar die körperlichen Anforderungen eines Jobs.
Ein Beispiel für die RPE-Skala
Die RPE-Skala gibt es in zwei Formen: die 0-10-RPE-Skala und die ursprüngliche Borg-RPE-Skala (6-20):
Bewertung | Wahrgenomme Anstrengung |
---|---|
0 | Keine Anstrengung, Ruhephase |
1 | Sehr leicht |
2-3 | Leicht |
4-5 | Moderat |
6-7 | Hoch, anstrengend |
8-9 | Sehr hoch |
10 | Maximale Anstrengung |
Bei der Anwendung der Skala wird der Trainierende gebeten, auf einer Skala von 0 bis 10 (1 für sehr leicht und 10 für maximale Anstrengung) oder von 6 bis 20 (9 für extrem leicht und 20 für maximale Anstrengung) zu bewerten, wie stark er sich anstrengt. Anhand der Antwort kann man dann feststellen, ob die Intensität der Aktivität erhöht, verringert oder beibehalten werden muss, um die individuellen Ziele zu erreichen.
Bewertung | Wahrgenomme Anstrengung |
---|---|
6 | |
7 | Sehr, sehr leicht |
8 | |
9 | Sehr leicht |
10 | |
11 | Leicht |
12 | |
13 | Ein wenig anstrengend |
14 | |
15 | Anstrengend |
16 | |
17 | Sehr anstrengend |
18 | |
19 | Extrem ansrengend |
20 |
Was ist der Unterschied zwischen der Borg RPE-Skala und der RPE-Skala?
Beide Skalen sind eine gültige Methode zur Messung der Intensität. Vielleicht zieht Ihr die eine der anderen vor, weil sie euch einfacher erscheint oder weil sie für euch einfach mehr Sinn ergibt. Beide Skalen haben jedoch dieselbe Funktion: Sie messen die Intensität anhand des Gefühls des Trainierenden. Je nach Art der ausgeführten Übung bieten beide Skalen unterschiedliche Vorteile.
Bei Verwendung der Borg-RPE-Skala besteht eine hohe Korrelation zwischen der Bewertungsstufe mal 10 und der tatsächlichen Herzfrequenz einer Person, auch wenn es sich nur um eine Schätzung handelt [1,2]. Wenn eine Person zum Beispiel ihren Anstrengungsgrad mit 13 (also ziemlich schwer) einstuft, liegt ihre geschätzte Herzfrequenz bei 130 (wenn die Person Betablocker einnimmt, ist die Genauigkeit dieser Schätzung natürlich eingeschränkt). Daher kann diese Skala für Sportler, die ein Ausdauertraining absolvieren und ihre Trainingsherzfrequenz grob einschätzen möchten, sehr nützlich sein.
Bei der Verwendung der RPE-Skala von 1-10 besteht eine Korrelation zwischen dem Bewertungsniveau der Person und der Anzahl der Wiederholungen in Reserve oder der Anzahl der verbleibenden Wiederholungen, die die Person bei guter Form ausführen könnte, bevor sie versagt. Ein Beispiel: Wenn die Person ihren Anstrengungsgrad mit 8 von 10 bewertet, hat sie wahrscheinlich noch etwa 2 Wiederholungen in Reserve. Daher könnte diese Skala für Kraftsportler sehr nützlich sein, um die Intensität zuverlässig zu messen. Hier seht Ihr, wie die Messung der Wiederholungen in Reserve mit dem RPE in Diagrammform aussieht:
RPE | Wiederholungen in Reserve |
---|---|
1-2 Sehr leicht | – |
3-4 Leicht bis moderat | – |
5-6 Moderat bis anstrengend | 4-6 Wiederholungen noch möglich |
7 Anstrengend | 3 Wiederholungen noch möglich |
8 Sehr anstrengend | 2 Wiederholungen noch möglich |
9 Sehr anstrengend | 1 Wiederholung noch möglich |
10 Maximale Anstrengung | 0 Wiederholungen noch möglich |
RPE Anwendungen für verschiedene Trainingsformen
Powerlifting
Powerliftung erfordert im Allgemeinen niedrige Wiederholungen (1-5) und eine hohe Belastung. Ein gewisses Training bei RPE 10 (maximale Anstrengung) kann angemessen sein, um die 1-Wiederholungs-Maximalstärke zu steigern, sollte aber nicht die einzige Trainingsintensität sein. Ein Training im Bereich von RPE 7-10 ermöglicht es dem Sportler, Kraft aufzubauen und sich gleichzeitig ausreichend zu erholen, um seine Leistung zu steigern [3].

Bodybuilding
Bodybuilding erfordert im Allgemeinen ein Training im Bereich von 6-12+ Wiederholungen, um die Muskeln zu entwickeln. Sportler sollten jeden Satz mit einem RPE-Wert von 8 beginnen, mit der Option, bei weniger komplexen Bewegungen (z. B. Ein-Gelenk-Bewegungen) auf einen RPE-Wert von 10 hinzuarbeiten, um das Verletzungsrisiko im Falle eines Versagens zu verringern. Für ein Training mit hohem Volumen bei Grundübungen, wie Kniebeugen oder Bankdrücken, könnte es auch von Vorteil sein, bei den meisten Lifts im Bereich von RPE 6-8 zu trainieren, um übermäßige Muskelschäden zu vermeiden.
Normales Krafttraining
Wenn Ihr als Anfänger oder unregelmäßiger Lifter einen RPE-Wert von 6 bis 8 wählt, könnt Ihr ein gutes Training absolvieren, ohne dass Ihr nach dem Workout mehrere Tage lang nicht laufen könnt. Für Anfänger kann es etwas Übung erfordern, um festzustellen, wie hart sie tatsächlich trainieren, da sie weniger damit vertraut sind, wie ihr Körper auf die Kraftübungen und die Anzeichen von Ermüdung reagiert.
Kann man den Gesprächstest zusammen mit der RPE-Skala verwenden?
Der Gesprächstest ist ein aerober Test, der die Fähigkeit des Trainierenden misst, sich während einer Aktivität bei verschiedenen Intensitätsstufen zu unterhalten oder ein Gespräch zu führen. Es gibt drei Intensitätsstufen, die beim Sprechtest gemessen werden: niedrige, mittlere und hohe Intensität. Diese Intensitäten können der RPE-Skala zugeordnet werden, je nachdem, wie gut der Trainierende in der Lage ist, während des Trainings ein Gespräch zu führen.
Wenn sich die Person während des Trainings problemlos unterhalten kann, arbeitet sie wahrscheinlich mit einer niedrigen Intensität (RPE 3-4). Wenn die Atmung etwas schwerer ist, die Person aber noch sprechen kann, arbeitet sie wahrscheinlich mit einer mittleren Intensität (RPE 5-6). Wenn der Trainierende schwer atmet und kaum noch sprechen kann, arbeitet er wahrscheinlich mit einer hohen Intensität (RPE 8-9).
Hinweis: Bei jeder dieser Beschreibungen wird die RPE-Skala von 0-10 verwendet.
Unterm Strich: Die RPE-Skala kann ein wirksames Instrument zur Messung der Intensität einer beliebigen Aktivität sein, insbesondere wenn der Trainierende an Erfahrung gewinnt und die Fähigkeit erlangt, die Anstrengung selbst einzuschätzen!
Referenzen
- Centers for Disease Control and Prevention. (2022). Perceived exertion (Borg rating of perceived exertion scale) https://www.cdc.gov/physicalactivity/basics/measuring/exertion.htm
- Williams, N. (2017). The Borg rating of perceived exertion (RPE) scale. Occupational Medicine, 67(5), 404-405.
- Helms, E. R., Cronin, J., Storey, A., & Zourdos, M. C. (2016). Application of the repetitions in reserve-based rating of perceived exertion scale for resistance training. Strength and conditioning journal, 38(4), 42.
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