Ihr möchtet euch besser fühlen, sexier aussehen und länger leben? Dann solltet Ihr mehr gehen! Als gesundheitlicher Ratschlag ist das zwar nicht gerad weltbewegend oder innovativ, dennoch wird er oft ignoriert. Dabei können regelmäßige Spaziergänge durch die Nachbarschaft, Wanderungen durch den nahegelegenen Wald und Touren durch den örtlichen Park extrem förderlich für eure Gesundheit und Fitness sein!
Wir sind eine Spezies, bei der eine der besten und weitentwickeltsten Fähigkeiten das Laufen bzw. Gehen ist. Wahrscheinlich haben unsere Vorfahren auf diese Weise Afrika verlassen und sind dorthin gelangt, wo wir uns heute befinden [1]. Die allgemeinen Empfehlungen, sich mindestens 30 Minuten am Tag zu bewegen oder 10.000 Schritte am Tag zu machen, beruht vor allem auf den dramatischen Vorteilen, die das Gehen für die menschliche Gesundheit mit sich bringt – aber dennoch scheinen die wenigsten Leute wert darauf zu legen [17].

Ein Durchschnittsmensch mit stressigem Alltag und engem Zeitplan meidet in der Regel das grundsätzliche Bewegungsmuster des Gehens und setzt stattdessen auf intensivere Bewegungsformen (Krafttraining, Joggen usw.). Dabei wird oft vergessen, dass auch das Gehen vielfältige und weitreichende Vorteile für die Gesundheit zu bieten hat.
Gehen als moderne Medizin
Unser modernes Leben scheint nicht wirklich auf eine optimale Gesundheit ausgerichtet zu sein. Die Kombination aus dem täglichen Trott, den Lebensmitteln, die wir zu uns nehmen, und der Notwendigkeit, mehr oder weniger den ganzen Tag auf der Arbeit zu verbringen, wird mit einer erhöhten Entzündungsrate in Verbindung gebracht, was wiederum zu einer erhöhten Quote an Krebserkrankungen, Typ-2-Diabetes, Herzkrankheiten und Fettleibigkeit führt [5-7]. Aber leider können wir nicht alle mal eben unseren Job wechseln und den ganzen Tag “frei Schnauze” leben. Anstatt nun aber zu Pillen und Nahrungsergänzungsmittel zu greifen, die einiges von dem, was Ihr euch mühsam erarbeitet habt, unter Umständen wieder zunichte machen können, ist die bessere Lösung, sich mehr zu bewegen, indem man mehr läuft [8,9].
Aerobes Training, wie z.B. zügiges Gehen, erhöht die körperliche Fähigkeit, oxidative Schäden zu reparieren, was die Bewegung sowohl zu einem Entzündungshemmer als auch zu einem Antioxidans macht.
Wenn wir unsere Muskeln bewegen, werden Signalmoleküle (oft als Myokine bezeichnet) freigesetzt. Obwohl viele dieser Myokine auch mit einer Entzündungsreaktion in Verbindung gebracht werden können, wirken sie, wenn sie durch Bewegung stimuliert werden, tatsächlich entzündungshemmend. Dies ist einer der Hauptgründe, warum regelmäßiges Gehen das Risiko von Stoffwechselkrankheiten, bestimmten Krebsarten und sogar erektiler Dysfunktion drastisch senken kann [11-15]. Aerobes Training, wie zügiges Spazierengehen, erhöht zudem die Fähigkeit, mit oxidativen Schäden umzugehen [10]. Damit ist Bewegung sowohl ein Entzündungshemmer, als auch ein Antioxidans. Ihr seht also, keine Pillen notwendig – Bewegung ist meist die beste Medizin!
Der Weg zur Traumfigur
Obwohl sich viele Menschen immer noch auf das Zählen von Kalorien als Leitfaden für den Fettabbau verlassen, ist das mit Sicherheit nicht die einzige Maßnahme, die beim Abnehmen helfen kann. Kalorien sind nicht gleich Kalorien, und ein einfaches Kaloriendefizit ohne Bewegung führt nicht zwangsweise zu einem langfristigen Gewichtsverlust [2,3]. Aber keine Angst. Das Gute an dieser komplexen Gleichung ist, dass Aktivitäten, egal ob sie viele oder wenige Kalorien “verbrennen”, effektiv beim Abnehmen helfen können. Anstatt euch also darüber Gedanken zu machen, wie man sich dünn hungert, könnt Ihr den Fettabbau vorantreiben, indem Ihr weniger Zeit im Sitzen und mehr Zeit zu Fuß verbringt [4]. Und dafür ist nicht mal eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder Weight Watchers und Co. erforderlich.

Jedes kleine Bisschen hilft
Es reicht es nicht aus, sich für 30 Minuten auf dem Laufband zu verausgaben, wenn man den Rest des Tages im Sitzen oder Liegen verbringt – zumindest nicht, wenn es um die Auswirkungen des Lebensstils auf die Lebenserwartung geht. Das bedeutet, dass Ihr mehr Bewegung in euren Tag einbauen müsst. Und das geht am besten, indem Ihr mehr lauft. Für die meisten von uns kann dies bereits damit beginnen, zu Fuß zur Arbeit zu gehen [17]. Benutzt Ihr öffentliche Verkehrsmittel? Dann steigt einfach ein oder zwei Haltestellen früher aus und geht den Rest zu Fuß. Ihr fahrt normalerweise mit dem Auto zur Arbeit? Dann nutzt einen Park-and-Ride-Parkplatz und geht die letzten zehn bis zwanzig Minuten zu Fuß. Ihr habt Angst, in diesem Fall zu spät zur Arbeit zu kommen? Perfekt – ein zügiges Tempo ist mit noch größeren Vorteilen verbunden [18].
Aufbauend auf diesem Paradigma, gibt es noch zahlreiche andere Möglichkeiten, mehr am Tag zu gehen:
- Kurze Unterbrechungen: Geht spazieren, während Ihr bei der Arbeit einen Anruf entgegennehmt, oder geht zwischen den Sitzungen ein paar Minuten spazieren. Schon eine Gehzeit von zwei oder drei Minuten reicht aus, um den Stoffwechsel anzukurbeln [19,20].
- Mittagspause mit Freunden: Selbst die kürzeste Mittagspause reicht aus, um ein paar Schritte zu machen. Und warum nehmt Ihr nicht gleich eure Kollegen mit, damit auch diese vom Spazierengehen profitieren und eure Arbeitsumgebung entspannter und produktiver wird [22, 23].
- Abendliche Spaziergänge: Auch die Mahlzeiten am Abend sind eine gute Gelegenheit zum Laufen. Dreht eine schnelle Runde, während das Essen im Ofen ist, oder, nicht besser, macht nach dem Essen einen kleinen Spaziergang [20, 24]. In eurem Online-Dating-Profil steht, dass Ihr lange romantische Spaziergänge bei Sonnenuntergang mögt – aber wann habt Ihr das letzte Mal wirklich einen gemacht?
Am wichtigsten ist jedoch, dass sich das Gehen summiert. Mehrere zehnminütige Spaziergänge können sogar besser sein als ein einziger langer [21, 27]. Das bedeutet, dass zehn Minuten auf dem Weg zur/von der Arbeit, zehn Minuten beim Mittagessen und zehn Minuten nach dem Abendessen bereits ein fantastischer Anfang sind.

Profi-Tipps
Wenn Ihr zu den Menschen gehören, die einen festen Plan brauchen, bevor sie loslaufen, bleiben euch vielleicht noch zwei Fragen: Wo soll ich laufen und wie schnell soll ich laufen?
- Geht nach draußen: Die meisten Studien, in denen die Auswirkungen des Gehens auf die Gesundheit untersucht werden, verwenden ein Laufband in einem sportwissenschaftlichen Labor oder geben den Teilnehmern Schrittzähler, um ihre Schritte zu messen, ohne dabei speziell zu untersuchen, wo gegangen wird. Dies lässt darauf zurückführen, dass man so ziemlich überall laufen kann, um einen gesundheitlichen Vorteil daraus zu erzielen. Studien haben jedoch einen größeren psychologischen Nutzen von Spaziergängen im Freien in grünen Gegenden im Vergleich zu Spaziergängen in Gebäuden oder in der Stadt festgestellt [28]. Die Umgebung, die euch am meisten Spaß macht (sei es der Strand, ein Fluss, ein Wald oder ein Park), bietet euch neben gesundheitlichen Vorteile auch einen psychologischen Vorteil bietet [29]
- Den Tod überholen: Ich weiß, was Ihr euch die ganze Zeit gefragt habt. Wie schnell müsst Ihr laufen, um den Sensenmann zu besiegen? Glücklicherweise hat die Wissenschaft die Antwort, und sie scheint bei 5 Kilometern pro Stunde zu liegen [26]. Andere Studien legen nahe, dass achtzig Prozent eurer maximalen Gehgeschwindigkeit das effizienteste und nachhaltigste Tempo ist [28] Wenn Ihr diese Geschwindigkeiten abschätzen möchtet, versucht eine der folgenden Möglichkeiten …
- Verwendet eine Karte oder einen Online-Schrittzähler, um einen Rundweg von 1 Kilometer Länge zu messen. Zielt darauf ab, die Strecke in 12 Minuten zu bewältigen (5 km/h).
- Sucht euch eine kurze Strecke, auf der Ihr zwanzig Sekunden lang so schnell wie möglich gehen könnt. Um nun die 80%ige Geschwindigkeit herauszufinden, müsst Ihr die Strecke in insgesamt 25 Sekunden bewältigen.
Denkt aber daran, dass es mehr darauf ankommt, sich zu bewegen und Gewohnheiten zu entwickeln, als eine bestimmte Geschwindigkeit zu erreichen. Nehmt euch die Zeit zum Laufen und genießt es! Wie wir alle wissen, ist schneller nicht immer besser.

Fazit
Bis zum Ende gesprungen? Hier sind die Key-Takeaways:
- Weniger Sitzen, mehr Gehen!
- Geht mindestens dreißig Minuten am Tag
- Strebt achtzig Prozent eurer maximalen Gehgeschwindigkeit an, also mindestens 5 Kilometer pro Stunde. Oder geht einfach so, als kämt Ihr zu spät zur Arbeit.
- Um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, suchen euch zum Spazierengehen einen Ort in eurer Nähe, an dem Ihr euch gerne aufhaltet – und nehmt ein paar Freunde mit!
Referenzen
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